Gemeinsam statt gegeneinander

Aha, ich bin also ein Öko-Kommunist. Zusammen mit gut 160 Rünenbergerinnen und Rünenbergern und rund 45 000 Baselbieter Stimmberechtigten. In diese Kategorie werden zumindest in der jüngsten «Carte blanche» von Markus Graf (SVP) all jene eingeteilt, die Mitte Juni die beiden Umweltinitiativen befürwortet haben. Aha zum Zweiten: Ich bin ein Luxus-Linker und zugleich werde ich als Landschäftler von den Städtern ausgebeutet. Dies behauptet auf jeden Fall Marco Chiesa, Präsident der SVP Schweiz, in seiner Rede zum 1. August.

Ironie off: Ich bin weder (Öko-)Kommunist, noch Luxus-Linker, noch werde ich von irgendjemandem ausgebeutet. Ich fahre Auto, politisiere sozialdemokratisch, arbeite für meinen Lohn, kann mit Luxus nichts anfangen und suche den Dialog mit anderen Menschen, statt jemandem unhaltbare Vorwürfe zu machen. Und dass viel Geld von den Städten und den urbanen Gebieten in die ländlichen Gebiete fliesst (und nicht, wie von Chiesa behauptet, umgekehrt), kann mit wenigen Klicks zum Finanzausgleich zwischen den Basel bieter Gemeinden und zwischen den Kantonen nachgelesen werden.

Vor zwei Wochen habe ich mich doch sehr über die erwähnten Aussagen gewundert. Hat die SVP bereits mit dem Wahlkampf für 2023 begonnen? Warum werden Aussagen gemacht, welche die politischen Lager und die Bevölkerung spalten, die, im Fall von Marco Chiesa, nachweisbar falsch sind und sehr an den Blödsinn von Donald Trump erinnern?

Selbstverständlich sollen politische Debatten mit einer gewissen Schärfe und mit Nachdruck geführt werden. Schliesslich vertreten wir in der Politik die Menschen, die uns gewählt haben. Diese Menschen erwarten von uns, dass wir uns für ihre Haltungen und Interessen einsetzen. Die Debatten müssen aber unbedingt mit Anstand und auf der Basis von Fakten geführt werden. Nur so gelingt es, gut schweizerische Lösungen zu finden und umzusetzen. Dazu gehört es, die Resultate von Abstimmungen und Wahlen zu akzeptieren und unterlegene Minderheiten zu respektieren. Vorwürfe und Beschimpfungen helfen da nicht weiter. Und es ist unabdingbar, mit Tatsachen statt mit Behauptungen zu argumentieren. Vom Präsidenten einer Schweizer Partei würde ich erwarten, bei den Fakten zu bleiben, statt mit Kalkül Behauptungen aufzustellen, die vielleicht von der Anhängerschaft der eigenen Partei nicht hinterfragt werden. Vor allem in einer Rede zum Nationalfeiertag, in der es um gemeinsame Werte und um Zusammenhalt gehen müsste. Oder bereitet die SVP den Gang in die Opposition vor, will sie sich von der Konkordanz verabschieden?

Ich werde auf jeden Fall weiterhin mit Anstand und auf der Basis von Tatsachen politisieren und meinen Teil zu guten Baselbieter Kompromissen beitragen. Manchmal gewinnt man, manchmal verliert man. Resultate von Abstimmungen werde ich respektieren, gefällte Entscheidungen so gut wie möglich mittragen. Ich hoffe sehr, dass das auch die Mehrheit der Politikerinnen und Politiker der SVP so sieht und Entgleisungen in ihren Reihen nicht akzeptiert.

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