Nein zur Reform der Verrechnungssteuer

Die Verrechnungssteuer stellt sicher, dass Zinserträge und Vermögen in der Steuererklärung korrekt deklariert werden. Dafür werden in einem ersten Schritt auf den entsprechenden Kapitalerträgen 35 Prozent Verrechnungssteuer abgezogen und an die Steuerverwaltung weitergeleitet. Wer die entsprechenden Vermögen in der Steuererklärung dann korrekt angibt, erhält die Verrechnungssteuer in einem zweiten Schritt wieder zurück. Dieses simple und bewährte Anreizsystem erhöht die Steuerehrlichkeit. Sinn und Zweck der Verrechnungssteuer ist es somit, Steuerkriminalität zu verhindern. Sie ist eine «Sicherungssteuer». Mit der geplanten Abschaffung der Verrechnungssteuer auf inländischen Obligationen sollen einige wenige Grosskonzerne begünstigt werden, wenn sie Geld am Kapitalmarkt besorgen. Doch selbst der Bundesrat anerkennt, dass die Abschaffung der Verrechnungssteuer aus Sicht des Kapitalmarkts nicht erforderlich ist. Nachdem die Schweizer Bevölkerung die Stempelsteuer-Vorlage vor kurzem wuchtig abgelehnt hat, soll nun schon wieder eine kleine Minderheit von Unternehmen in der Schweiz neue Sonderrechte erhalten. Doch die Konsequenzen dieser Reform der Verrechnungssteuer sind fatal.

Diese Reform hat jährliche Steuerausfälle von 195 Millionen Franken und einmalige, kurzfristige Mindereinnahmen von «geschätzten» 1000 Millionen Franken zur Folge. Das waren zumindest bisher die offiziell kommunizierten Angaben der Bundesbehörden. Nun sind neuere Zahlen des Eidgenössischen Finanzdepartementes (EFD) publiziert worden. Etwas mehr als einen Monat vor der Abstimmung zeigt sich:  Die Ausfälle sind deutlich höher als bisher angenommen. Der jährliche Steuerausfall beträgt gegen 300 Millionen Franken, die kurzfristigen, einmaligen Mindereinnahmen werden bereits auf über eine Milliarde Franken geschätzt. Und damit noch nicht genug: Die jährlichen Ausfälle liegen nur dank tiefer Zinsen bei unter 300 Millionen. Bei Zinssätzen von 3 bis 4 Prozent lägen sie laut Steuerverwaltung bei bis zu 800 Millionen Franken! Der Bund schätzt, dass davon rund 500 Millionen Franken ins Ausland abfliessen und zwar in die Taschen von Grossanlegern.

Die Abschaffung der Verrechnungssteuer ist finanzpolitisch unverantwortlich. Steigt das Zinsniveau, steigen die jährlichen Ausfälle. Da eine Gegenfinanzierung fehlt, werden es – einmal mehr – die ehrlichen Bürgerinnen und Bürger sein, die diese Ausfälle via steigende Gebühren und Abgaben oder mit Leistungsabbau zu tragen haben. Die jährlich wiederkehrenden Steuerausfälle werden zusätzlich ansteigen als Folge der erhöhten Steuerkriminalität, deren Umfang nur schwer absehbar ist. Denn fällt die Verrechnungssteuer als Sicherungssteuer weg, wird die Steuerhinterziehung steigen – auch das räumt der Bundesrat ein. Diese völlig verfehlte Reform verdient deshalb am 25. September dieses Jahres eine deutliche Abfuhr. Stimmen Sie Nein, denn die normale Bevölkerung wird von der Vorlage nicht profitieren, ganz im Gegenteil.

Carte Blanche, Volksstimme vom 23.08.2022

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